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Wie lange braucht ein Lichtsignal vom Objekt ins Gehirn?

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Erst mal muss das Licht vom Objekt auf die Netzhaut des Auges gelangen. Diese Zeit hängt natürlich von der Entfernung des Objekts ab. Da die Lichtgeschwindigkeit bekannt ist – 300.000 km pro Sekunde – kann man die Geschwindigkeit leicht ausrechnen. Wenn ich ein Buch lese, das 30 cm von meinem Auge weg ist, braucht das Licht den hundert millionsten Bruchteil einer Sekunde. Wenn ich einen Baum in 30 Metern Entfernung sehe, dann braucht es 100-mal länger. Das macht also schon einen Unterschied – aber dieser Unterschied ist eigentlich belanglos: Von besagtem Baum zu meinem Auge braucht das Licht immer noch nur eine Millionstel Sekunde und diese Zeit kann man vernachlässigen. Denn viel länger ist die Zeit, die das Signal auf dem weiteren Weg von der Netzhaut ins Gehirn braucht. Das sind nämlich 50 bis 80 Millisekunden, also nur noch etwa den zwanzigsten Teil einer Sekunde. Das heißt, die Übertragungsgeschwindigkeit in den Nerven ist viel langsamer als das Licht.
Man kann das auch anders anschaulich machen: Die Zeit, die das Signal vom Objekt zum Auge braucht, fällt erst bei astronomischen Größenordnungen ins Gewicht. Nur mal zum Vergleich: Anfang des Jahres sauste an der Erde ein Asteroid in knapp 27.000 km Entfernung vorbei; das ist knapp ein Zehntel der Strecke Erde/Mond. Viele Menschen haben den Asteroiden beobachtet. Da kann man wirklich sagen: Das Licht hat ganz grob von dem Asteroiden zum Auge ungefähr so lange gebraucht wie auf den paar Zentimetern vom Auge zur Sehrinde im Gehirn.

Jetzt haben wir also zwei Etappen betrachtet: Erste Etappe, der Lichtweg vom Objekt zur Netzhaut, zweite Etappe, die Nervenübertragung vom Auge ins Gehirn. Jetzt fehlt aber noch etwas. Denn was im Gehirn ankommt, sind ja unzählige elektrochemische Nervensignalen – daraus muss das Gehirn erst noch ein Gesamtbild konstruieren, und das braucht ungefähr die gleiche Zeit. Bis wir ein Objekt wirklich erkennen, brauchen wir ungefähr 150 Millisekunden – also etwa eine Siebtel Sekunde. Und die allermeiste Zeit davon verbringt das Signal sozusagen „in unserem Kopf“. – Der Lichtweg vom Objekt zum Auge spielt erst eine Rolle, wenn wir zum Mond oder zu den Sternen gucken; auf der Erde ist er vernachlässigbar.
Aber insgesamt kann man schon sagen: Unser Erleben, unsere Wahrnehmung hinkt der Wirklichkeit um mehr als eine Zehntelsekunde hinterher.


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